75 Jahre Eichenschule: Geschichte einer Elterninitiative 11
Teil 11
Zum Jubiläum unserer Eichenschule hat sich unser stellvertretende Schulleiter Karsten Frick die Mühe gemacht, viele Informationen und Geschichten zur historischen Entwicklung der Eichenschule in Scheeßel zusammen zu tragen. Wir veröffentlichen in den kommenden Wochen die 20 Teile dieser interessanten Recherche hier in unserem Blog.
Vorreiter in der Unterrichtsentwicklung: Die Eichenschule führt 1993 den Wahlpflichtbereich ein (1993 – heute)
Mit dem Regierungswechsel in Niedersachsen 1990 und der Einsetzung des Gymnasiallehrers und langjährigen SPD-Abgeordneten Rolf Wernstedt als Kultusminister gewann die Schulentwicklung neuen Schwung. Ab dem Schuljahr 1992/93 räumte die Landesregierung den niedersächsischen Gymnasien die Möglichkeit ein, anstelle der Regelstundentafel in den Jahrgängen 9 und 10 eine alternative Stundentafel mit zwei Wahlpflichtkursen einzurichten. Während die meisten Gymnasien den Plänen mit Skepsis und Ablehnung gegenübertraten, sah die Eichenschule die Chance auf zusätzliche Profilierung. Die Stärken der Schule wie Theater oder erfolgreiche Schulwettbewerbsteilnahmen könnten in den regulären Unterricht aufgenommen werden und somit noch größere Beachtung finden. Bei genauer Prüfung ergaben sich durch den Wahlpflichtbereich neue Möglichkeiten, die schon im Schuljahr 1993/94 genutzt wurden: Spanisch wurde als 3. Fremdsprache eingeführt, Darstellendes Spiel als versetzungsrelevantes Unterrichtsfach etabliert und schließlich Geschichts- und Politikkurse bilingual, d. h. mit einem englischsprachigen Anteil, unterrichtet. Zudem konnten die Naturwissenschaften viel stärker experimentell orientiert im Wahlpflichtbereich arbeiten. Erfolgreiche Wettbewerbsteilnahmen bei „Das ist Chemie“ oder „Jugend forscht“ unterstrichen die Qualität des neuartigen Unterrichtskonzepts. Nach und nach ließen auch andere Gymnasien ihre Bedenken fallen und sprangen auf den Wahlpflichtbereichszug auf. Seit der Schulstrukturreform 2005 beinhaltet in Niedersachsen die reguläre Stundentafel das Wahlpflichtangebot, während der Verzicht auf Wahlpflichtkurse die Ausnahme bildet.
Im Rahmen des Wahlpflichtunterrichts wurden auch erste Schritte des Methodenlernens als unterrichtliche Bausteine unternommen. Ein Schwerpunkt lag hier auf der informationstechnischen Grundbildung, kurz ITG. Gisela Heyber und Volkmar Bendukat, später auch Dorothea Drewes, Stephan Anders und Karsten Frick, boten zudem für Eltern und Schüler der 5. Klassen ein Seminar unter dem Titel „Lernen lernen“ an, das sich alljährlich großer Beliebtheit erfreute.
Aber auch außerhalb des Wahlpflichtbereichs baute die Eichenschule ihr Unterrichtsangebot aus: Im Sommer 1993 wurde erstmals ein Kunst-Leistungskurs angeboten, der sich seither großer Beliebtheit unter unseren Schülern erfreut. 1996 nahm das Kultusministerium die von John Köhler erfundene Ballsportart „Jokeiba“ (= „JOhn Köhlers EIerBAll“) in den Kanon der Spielsportarten auf. Alljährlich werden in der Oberstufe Kurse zu dieser Sportart in den Jahrgängen 11 und 13 angeboten.
Zudem wurde die Berufsorientierung weiter ausgebaut. Betriebspraktika in Klasse 9 hatte die Eichenschule auf Initiative der Kollegen Harald Grundmann und Heinz Bruns schon zu Beginn der 80er Jahre eingeführt. Eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Christian Birnbaum schlug vor, ein zweites sog. „Berufspraktikum“ in Klasse 11 im Curriculum zu installieren, das auf Arbeitsplätze mit Hochschulabschluss fokussiert war. Dies eröffnete den Praktikanten ganz neue Einblicke in die Arbeitswelt. In Erinnerung geblieben sind ein Praktikum bei ArianeSpace in Französisch-Guyana, in einem englischsprachigen Kindergarten in Singapur, als Lehrer in Jerusalem oder bei der zentralen Technikstelle der Deutschen Bahn in München. Eine zur Betreuung der Praktika eigens geschaffene Funktionsstelle wurde zunächst von Stephan Anders, dann von Christian Birnbaum und später von Udo Grenz-Gieseke, Heiner Schaper und Sören Haß besetzt. Dieses Projekt entwickelte sich so erfreulich, dass die Berufsorientierung im Unterricht der Eichenschule seit 2007 regelmäßig von den Industrie- und Handelskammern in Niedersachsen und der Bundesagentur für Arbeit mit einem Zertifikat ausgezeichnet wurde. Da die Eichenschule dadurch in der Berufsorientierung eine Vorreiterrolle in Niedersachsen einnahm, wurde Christian Birnbaum gebeten, als Jury-Mitglied an der Zertifizierung anderer Bewerberschulen teilzunehmen.