75 Jahre Eichenschule: Geschichte einer Elterninitiative 9
Teil 9
Zum Jubiläum unserer Eichenschule hat sich unser stellvertretende Schulleiter Karsten Frick die Mühe gemacht, viele Informationen und Geschichten zur historischen Entwicklung der Eichenschule in Scheeßel zusammen zu tragen. Wir veröffentlichen in den kommenden Wochen die 20 Teile dieser interessanten Recherche hier in unserem Blog.
Die 80er Jahre
Mit dem deutlichen Rückgang der Geburtenzahlen in Deutschland seit 1964, vor allem aber durch den Rückgang der Internatsbelegung, brach zu Beginn der 70er Jahre die regelmäßige Steigerung der Schülerzahlen ab. Sie stagnierte zunächst bei etwa 700 und nahm dann bis 1987 kontinuierlich ab. Im Schuljahr 1987/88 wurden noch 542 Schüler von 45 Lehrkräften unterrichtet. Beide Zahlen stellen einen zwischenzeitlichen Tiefststand dar, brachten aber auch eine Erleichterung der personellen Situation mit sich. Zudem entspannte sich in den 80er Jahren der Lehrerarbeitsmarkt, so dass die Eichenschule allmählich das Kollegium durch Einstellung junger, voll ausgebildeter Lehrkräfte verjüngen konnte. Insgesamt führte die Entspannung bei der Personalsituation somit auch zu einem sukzessiven Anstieg der Unterrichtsqualität. Mit den Herren Cords, Buchhaupt, Bruns, Flaspöhler, Baudisch und Grundmann, die alle um 1980 eingestellt wurden und bis zu ihrem Ruhestand der Eichenschule treu blieben, verjüngte sich das Kollegium nicht nur enorm, sondern es fand auch eine spürbare Professionalisierung in der pädagogischen und didaktischen Arbeit statt. Als Vorteil erwies sich nun auch, dass die Eichenschule auf die niedersachsenweite Einführung der Orientierungsstufe für die Klassen 5 und 6 gezwungenermaßen anders als alle Nachbargymnasien reagierte. Um wegen der geringen Schülerzahlen die Unterstufenjahrgänge nicht zu verlieren, bot die Eichenschule bereits ab Klasse 5 ein gymnasiales Angebot an, das allerdings erst in den 90er Jahren auch von Familien aus den Nachbargemeinden gern angenommen wurde.
Eine Wende bei den Schüleranmeldungen konnte aber auch durch dieses Alleinstellungsmerkmal, das der Schule in den späten 70er Jahren quasi in den Schoß gefallen war, nicht erreicht werden. Zudem entwickelte man konzeptionell keine Ideen, um neue Schüler für die Eichenschule zu gewinnen, sondern ergab sich den Umständen. Schulleiter Settler erklärte resigniert, dass die rückläufigen Anmeldezahlen neben fehlender Geburten auf der „Abnahme der Leistungsbereitschaft in einer Wohlstandsgesellschaft“ basierten und damit von Eichenschulseite nicht beeinflussbar seien. Die Hoffnungslosigkeit der Situation zog so weite Kreise, dass selbst der Vorsitzende des Schulfördervereins im Jahrbuch 1984/85 entmutigt formulierte: „Es wäre falsch anzunehmen, dass Pillenknick und wirtschaftliche Schwierigkeiten vor den Toren unserer Eichenschule abstoppen würden. Internat und Schule müssen, wie andere vergleichbare Institutionen auch, um Lehrkräfte und Schüler kämpfen. Wir alle bemühen uns deshalb auf der einen oder anderen Seite, das Lehrangebot attraktiv zu halten und Arbeitsgemeinschaften und Aktivitäten zu unterstützen, die in die Zeit passen.“ Sein Grußwort gipfelte in dem Ausruf: „Eine Eichenschule, die leben will, wird leben.“ Ein Satz, der die Hoffnungslosigkeit der Situation und die fehlenden Instrumente zur Trendwende ebenso ausdrückte wie er dringend appellierte, endlich zur Tat zu schreiten.
In diese Untergangsstimmung hinein wurden die Stimmen auch öffentlich lauter, sich nicht nur den Umständen zu ergeben, sondern endlich zu handeln und den Reformstau aufzulösen. Unverhohlen kritisierte der stellvertretende Schulleiter Dr. Karsten Müller-Scheeßel im Jahrbuch 1985/86 den Vorstand und seinen Chef: „Dass die Schülerzahlen im Internat und in der Schule zurückgehen würden und dass wir einen Vertrag mit der Klosterkammer haben, dessen finanzielle Belastungen von Jahr zu Jahr schwerer zu tragen sein würden, wussten wir an der Eichenschule seit langem, aber zu intensivem Nachdenken und Handeln kam es auch hier erst, als uns das Wasser bis zum Hals stand.“ Daraufhin wurde ein Ausschuss für die Zukunftssicherung der Eichenschule ins Leben gerufen, der ein neues „Profil“ für Schule und Internat erstellen sollte. Als erste Ergebnisse richtete die Eichenschule das Fach Informatik unter Führung von Werner Cords und die Astronomie-AG unter der Leitung von Dr. Klaus Buchhaupt ein. Im Folgejahr wurde im Internat die Tagesheimschule eingerichtet, ITG-Unterricht in der Mittelstufe eingeführt und die AG „Behindertes Leben“ gegründet, die regelmäßig Schüler der Eichenschule aus den 7. und 8. Klassen mit Schülern der Rotenburger Lindenschule aus den Klassen 10 und 11 zusammenführte. Die gleiche Gruppe entschied, dass das 40jährige Bestehen der Eichenschule 1987 unbedingt öffentlichkeitswirksam zu feiern sei. Ein auch überregional wahrgenommener Festakt in der Kirche, ein Lehrer-Theaterstück, ein Schüler-Musical, ein Sportfest und eine umfangreiche Festschrift waren das Ergebnis dieser Bemühungen. Nach langer Zeit gab es endlich einmal wieder positive Schlagzeilen über die Eichenschule in der örtlichen Presse.