Die letzte Exkursion des Schuljahres
Ein Tag in Hamburg mit dem WPK Poetry Jg. 8 (Hey)
Freitag, 21. Februar 2020 – ein denkwürdiges Datum:
- zwei Tage nach dem Anschlag von Hanau, bei dem zehn Menschen getötet wurden;
- der Tag einer großen „Fridays for Future“-Demonstration in Hamburg, Greta Thunberg ist dabei, 30.000 Demonstranten werden erwartet;
- zwei Tage vor den Wahlen in Hamburg;
- internationaler Tag der Muttersprache;
- wenige Stunden, bevor in Venedig wegen des Corana-Virus der Karneval abgesagt wird und in Mailand Schulschließungen angekündigt werden;
- 21 Tage vor der Schulschließung in Niedersachsen;
- 1 Monat vor der Kontaktsperre in Deutschland;
- Tag der Exkursion des WPK Poetry des 8. Jahrgangs nach Hamburg!
- die letzte Exkursion einer Schülergruppe der Eichenschule für dieses Schuljahr.

Das Programm der Exkursion:
Der WPK Poetry beschäftigt sich mit Literatur, mit Büchern, mit den Geschichten, die Jugendliche spannend finden, nicht mit denen, die Lehrer analysiert haben möchten. In diesem Schuljahr zeigen etliche Kursteilnehmer Interesse an Literatur, die die Zeit des Nationalsozialismus thematisiert. Dementsprechend wurde das Programm für die Buchliebhaber gestaltet:
- Besuch der erlesenen, inhabergeführten Buchhandlung „Felix Jud“, Neuer Wall 13, und Gespräch mit der Buchhändlerin;
- Erkundung des Geschichtsorts Stadthaus, Stadthausbrücke 6, und der dort befindlichen inhabergeführten Buchhandlung „Lesesaal“;
- Aufsuchen von Stolpersteinen und Recherche zu den Opferbiografien;
- Führung in den Städtischen Bücherhallen Hamburg, Zentralbibliothek am Hühnerposten;
- Erkundung der (nicht inhabergeführten) Thalia-Buchhandlung, Spitalerstraße.
Rückblick auf die Exkursion:
Bereits am Tag unseres Ausflugs wurden aktuelle und geschichtliche Zusammenhänge sichtbar: Wir wandelten auf den Spuren von NS-Opfern und fanden gleichzeitig die Zeichen des Gedenkens an die Hanau-Opfer: die Blumen neben den Stolpersteinen vor dem Rathaus, die Flaggen auf Halbmast.
Wir übersahen – wie die vielen anderen Passanten, die eilig, hektisch ihren Tagesgeschäften nachgingen, auch – zu leicht die Stolpersteine, wenn wir nicht bewusst auf das Straßenpflaster schauten. Wenn wir sie dann doch fanden, verneigten wir uns vor den NS-Opfern, um die Inschriften lesen zu können – und fanden damit Geschichten, traurige Geschichten von Menschen.
Wir erlebten Buchliebhaber: engagierte Buchhändlerinnen und einen begeisterten und begeisternden Mitarbeiter der Zentralbibliothek. Sie zeigten uns unermessliche Buchwelten – und wir ahnten noch nicht, wie viel Zeit wir in Kürze zum Lesen haben würden. Wir trugen immerhin eine reiche „Beute“ nach Hause: Die Kursteilnehmer wählten einige Jugendbücher, die sie bei „Felix Jud“ entdeckten, für die Schulbibliothek aus.
Wer von uns hätte gedacht, dass die belebten Plätze und Straßen Hamburgs, der überfüllte Bahnhof, schon wenige Wochen später gähnend leer sein würden?
Wer von uns hätte gedacht, dass diese Exkursion für das laufende Schuljahr die letzte sein würde? Aber Bücher haben ja kein Verfallsdatum: Sie warten auf uns, auch wenn Schüler und Lehrer erst im nächsten Schuljahr wieder hinfahren dürfen!
(Gisela Heyber)