Erinnerungen 2
Christel Gerken, ehemalige Erzieherin im Internat, schrieb uns:
Hier kommt ein kleiner Beitrag aus meiner Internatszeit, der sehr besonders war. Ich habe das Mädchenhaus 6 1/2 Jahre geleitet, das war sozusagen mein Einstieg in die Sozialpädagogik, Erfahrung hatte ich keine, außer meiner eigenen 4 Kinder, die jetzt alle in Australien leben mit jeweils ihren Kindern und Kindeskindern, 11 Jahre Erfahrung im Turnverein Rotenburg als Übundsleiterin und als Sportlehrerin in der BBS Rotenburg. Alles ohne Ausbildung. Mein sogenannter erlernter Beruf war Tippse, weil ich ja ein Mädchen war und keinen Beruf brauchte, ich solle heiraten und Kinder kriegen. Hab ich gemacht. Doch nach der Scheidung stieg ich wieder als Sekretärin ein und saß den halben Tag rum und den anderen halben Tag arbeitete ich für den Papierkorb. Das war nicht sehr befriedigend, doch ich verdiente gut. Ich entschloss mich, das so lange weiterzumachen, bis die Kinder aus dem Haus sind. Nach dieser Entscheidung lag am nächsten Tag in meinem Büro die Rotenburger Kreiszeitung mit den Stellenangeboten oben auf. Es wurde eine Sozialpädagogin im Internat der Eichenschule gesucht. Dr. Müller Scheeßel war der Internatsleiter. Ich rief ihn an, es stellte sich heraus, dass wir uns schon lange kannten als Jugendliche, und er sagte, dann bewirb dich doch mal. Habe ich gemacht, meine Begründung für die Bewerbung war, dass ich lieber mit Menschen als mit Papier arbeite. Beim Vorstellungsgespräch wurde mir gesagt, dass man ja ein großes Risiko eingehe, wenn man mich einstelle. Meine Antwort darauf war, ich finde, dass ich ein größeres Risiko eingehen würde. Ich habe die Kinder, die ich ernähren müsse, ich würde einen sicheren Job aufgeben und kündigen und wisse nicht, ob ich das hier im Internat könne, aber ich würde es mir zutrauen. Meine Mitbewerberin war eine Sozialpädagogin , die mit summa cum laude abgeschlossen hatte, aber keine Erfahrung. Und der Aufsichtsrat hat sich für mich entschieden. So bin ich darein geraten. Eine wundervolle Erfahrung und es war wirklich meine Berufung.
Christel Gerken
Erlebnisse eines verschneiten Wochenendes im Internat der Eichenschule.
Es muss ungefähr 1979 oder 1980 gewesen sein. Es hatte so stark geschneit, dass die Schüler im Internat der Eichenschule nicht nach Hause ins Wochenende fahren konnten. Es schneite und schneite. Der Hausmeister schippte und schippte den Schnee und lud ihn hinter meiner Wohnung auf dem Rasen ab. Der Berg wurde höher und höher.
Ich kam auf die Idee, mit den Schülern gemeinsam ein Iglu zu machen und dann auch darin zu übernachten. Sie waren begeistert und voller Tatendrang. Dazu hatten sie Lust. Wir fingen also an, den Berg auszuhöhlen. Damit der Berg nicht zusammenbrach, gossen wir Wasser drüber, das dann ganz schnell gefror und so eine Stabilität garantierte. Es dauerte Stunden um Stunden, bis wir drinnen einen Raum geschaffen hatten, dass dort mehrere Kinder und Jugendliche übernachten konnten. Ich brachte schon eine Matratze in den Iglu, Bettzeug und warme Decken, Schlafsäcke etc. Doch dann verließ die Schüler der Mut, sie trauten sich nicht und zogen sich zurück. Nur mein Sohn Ilja und ich blieben zurück. Wir trauten uns und zogen am Abend in den Iglu und schliefen wunderbar. In der Nacht irgendwann fragte mich mein Sohn, ob ich noch lebe. Wir haben es sehr genossen.
Am nächsten Morgen lud ich die kleineren Mädchen aus meinem Haus ein, eine Expedition durch den Schnee zu machen. Wir machten uns auf den Weg, die kleinen Mädchen 10 – 12 Jahre alt, versanken immer bis zum Oberschenkel im Schnee, bei jedem Schritt. Doch sie haben durchgehalten, es war unglaublich anstrengend. Gott sei Dank schien während der Expedition die ganze Zeit die Sonne. Wir gingen hinter dem Internat bis an die Straße nach Helvesiek und hinter der Wümme gleich wieder rechts nach Jeersdorf, ein wirklich langer Weg. Irgendwann kamen wir an einem Haus vorbei, an dem ca. 1 – 1,5 m lange Eiszapfen hingen, die wir dann mit nach Hause schleppten. Wir hatten wunderbaren Spaß bei diesem Ausflug und für mich ist er ein Highlight der besonderen Art in meiner 6 ½ -jährigen Internatszeit als Hausmutter gewesen. Ich denke gerne daran zurück.