75 Jahre Eichenschule: Geschichte einer Elterninitiative 2
Teil 2
Zum Jubiläum unserer Eichenschule hat sich unser stellvertretende Schulleiter Karsten Frick die Mühe gemacht, viele Informationen und Geschichten zur historischen Entwicklung der Eichenschule in Scheeßel zusammen zu tragen. Wir veröffentlichen in den kommenden Wochen die 20 Teile dieser interessanten Recherche hier in unserem Blog.
Aufnahme des Schulbetriebs (1947 – 1948)
Ob es nun – wie der Gründungsdirektor Strunck berichtete – die „uralte Eiche im Mühlengarten“ war, die die ersten Schüler 1947/48 zur Namensgebung anregte, oder doch vielleicht ein gesellschaftspolitisch aufgeladenes Erziehungsziel versinnbildlicht werden sollte, nämlich die Schüler zu „jungen, deutschen Eichen“ zu formen, wie frühe Internatsschüler im Rückblick berichteten, kann wohl nicht mehr abschließend geklärt werden. Kurios ist die Namensgebung allemal: Die allermeisten Schulen wählen entweder eine Ortsbezeichnung oder einen Namenspatron. Beides ist hier nicht der Fall. Bei amtlichen Stellen firmierte unsere Schule zunächst unter dem Namen „Familienschule Frau Müller-Scheeßel“. Ursula Müller-Scheeßel hatte quasi als Sprecherin für zehn weitere Scheeßeler Familien mit Robert Strunck vertraglich vereinbart, dass er elf Kinder in einem Kinderzimmer in der Mühle in allen notwendigen Fächern unterrichten solle. Damit war die Eichenschule aus der Taufe gehoben. Dass 1947, dazu mitten im ländlichen Raum, unter diesen elf Schülern vier Mädchen waren, spricht für die Modernität des pädagogischen Abenteuers.
Am 01. Mai 1947 trat der Arbeitsvertrag zwischen der „Familienschule Frau Müller-Scheeßel“ und dem Oberstudiendirektor Robert Strunck in Kraft. Strunck verpflichtete sich, elf namentlich aufgeführte Kinder nach den Lehrplänen der Gymnasien in Bremen und Verden zu unterrichten. Sein Monatslohn entsprach mit 300 Reichsmark exakt der Summe, die er zuvor als Hilfsgärtner der Gärtnerei Krüger in Scheeßel bezogen hatte. Auf Struncks Gehalt basierte auch die Höhe des Schulgeldes, das auf 30 Reichsmark festgelegt wurde, so dass 30 Reichsmark im Monat für weitere Aufwendungen wie Papier, Heizung und Ausstattung des Unterrichts eingesetzt werden konnten. Nur einen Monat später erfolgte am 09. Juni 1947 die staatliche Sanktionierung des Familienschul-Konstrukts: Der Rotenburger Schulrat gestattete den auf Grundlage des am 1. Mai geschlossenen Vertrags aufgenommenen Schulbetrieb in der Mühle, beschied aber gleichzeitig kategorisch: „Eine weitere Ausdehnung ist nicht statthaft.“ Dieses Verbot bezog sich sowohl auf die Klassengröße als auch auf die Einrichtung weiterer Klassen. Allerdings erlaubte der gleiche Schulrat schon wenige Wochen später die Aufnahme eines zwölften Schülers, so dass die in der Genehmigung ausgesprochene rigorose Beschränkung kaum zwei Monate Bestand hatte. Möglicherweise spielte dabei auch eine Rolle, dass in Scheeßel verschiedene Denkspiele kursierten, die auf einen regulären Schulbetrieb auf Dauer zielten, denn inzwischen waren zahlreiche Scheeßeler Familien auf die neue Schule aufmerksam geworden und wünschten sich für ihre Kinder ein vergleichbares Angebot. Die Einschulung eines zweiten Schuljahrgang zu Ostern 1948 wurde allerdings noch nicht ins Auge gefasst.