Studienfahrt Prag
Tag 1: Es ist Montagmorgen – 7:20 am Bahnhof in Scheeßel. Wir sind 13 Schüler/innen in der Begleitung von Herrn Birnbaum und Herrn Janssen, welche von uns nach nur kurzer Zeit liebevoll CB und CJ genannt werden. Wir sind (fast) alle pünktlich und können nun kaum erwarten, dass es endlich los geht. Die meisten anderen unseres Jahrgangs sind schon unterwegs, jetzt machen wir uns auf den Weg nach Prag – in die Hauptstadt Tschechiens. In Hamburg am Hauptbahnhof angekommen ist die Stimmung gut. Alle sind noch etwas schüchtern, das wird sich mit der langen Zugfahrt aber schnell ändern. Der Schnellzug erreicht unser Gleis pünktlich und nach kurzem Reservierungs- und Sitzplatzchaos haben alle einen gemütlichen Platz in der tschechischen Bahn gefunden. Als der Servicewagen am Abteil klopft wird von Lennard&co das erste tschechische Bier probiert, ansonsten wird geschlafen, gespielt, Musik gehört und vor allem viel gequatscht und gelacht. Die Fahrt geht schneller um als erwartet (laut John werden Zugfahrten mit der Zeit immer besser) und wir erreichen Prag pünktlich am Nachmittag. Am Bahnsteig erwartet uns Eva – unsere Reisebegleiterin für die Woche. Sie stellt sich uns auf Deutsch vor und lehrt uns gleich die ersten tschechischen Vokabeln. Guten Tag – dobrý den! Nach etwa 20 Minuten Fußmarsch mit Koffer und Rucksack kommen wir glücklich und ein wenig erschöpft im Hotel Adeba an. Nach einer kurzen Pause auf dem Zimmer sind wir neugierig den Stadtteil zu erkunden. Wir verbringen den Abend in Kleingruppen in Restaurants und landen abends fast alle gemeinsam in einer kleinen Bar, ein schöner erster Tag!
Tag 2: Heute starten wir den Tag, alle noch etwas schläfrig, um 7:30 Uhr beim ersten gemeinsamen Frühstück im Hotel. Um 9:30 Uhr holt uns Eva schließlich ab, um uns die Stadt zu zeigen. Wir fahren zunächst mit der Metro ins Stadtzentrum, von wo aus Eva mit uns eine Stadtführung durch die Altstadt startet. Zum Glück ist der Himmel strahlend blau und wir können die Tour bei bestem Wetter genießen. Nach einigen Stops und ausführlichen Erklärungen von Eva, kommen wir um 11 Uhr bei der berühmten astronomischen Uhr an und erleben diese in voller Aktion. Auf dem Weg in einen kleinen Stadtgarten kommen wir am Wohnhaus von Franz Kafka vorbei, welcher uns auf der gesamten Reise noch häufiger begegnet. Die Stimmung droht allerdings langsam zu kippen, da wir alle unglaublichen Hunger haben. Deshalb trennen wir uns auf der Karlsbrücke erstmal in kleinere Gruppen um uns in einer Pause mit Essen zu stärken. Eine Stunde später treffen wir uns (in fast alter Frische) wieder. Unsere Tour geht gemeinsam weiter ins jüdische Viertel, wo wir uns zunächst einige Synagogen angucken (Darunter die Spanische und Pinkasynagoge). In einigen davon sind auch Ausstellungen zu sehen, in denen wir viel über die jüdische Geschichte und das Judentum lernen. Besonders eindrücklich und erschütternd ist für uns alle das Projekt tschechischer Studenten in einer Synagoge, welche an den Wänden mit den Namen aller tschechischen Juden, die ihr Leben im Holocaust verloren haben, beschriftet sind. Dies hat uns erneut die immensen Dimensionen des Holocausts vor Augen geführt. Hier schauen wir uns auch einen jüdischen Friedhof an, der allerdings schon weit vor dem zweiten Weltkrieg bestand. Nach knapp sechs Stunden Führung sind wir alle ziemlich platt und verabschieden uns von Eva, um zurück ins Hotel zu fahren und uns erstmal auszuruhen. Abends fahren dann einige von uns mit CB und CJ wieder zurück in die Stadt-Mitte zum gemeinsamen böhmischen Essen. Obwohl die böhmische Küche sehr fleischlastig ist, können sogar die Veganer und Vegetarier unter uns einiges auf der Speisekarte finden. Das Essen ist zwar sehr lecker, aber ein wenig zu viel für die meisten, sodass die Hälfte der Teller dann doch noch bei John in die Resteverwertung gehen. Nach dem Restaurantbesuch gehen wir auf der Suche nach einer guten tschechischen Eisdiele weiter durch die Stadt. Trotz des üppigen Essens, müssen wir alle noch das typische Eis (schmeckt ähnlich, wie Churros mit Sahne) probieren, das man in Prag an jeder Ecke findet. Jetzt wirklich satt und glücklich schlendern wir erneut zur Karlsbrücke, die bei Nacht noch schöner aussieht, als heute Mittag. Hier trennen wir uns nochmal von CB und CJ und lassen den Abend in einer Bar ausklingen.
Tag 3: Am Mittwoch treffen wir uns wieder um 9:30 mit Eva und es sind wie immer (fast) alle pünktlich. Als dann wirklich alle da sind (auch Lucas) und sicher im kleinen tschechischen Reisebus sitzen, machen wir uns auf den Weg nach Theresienstadt. Wir alle sind sehr gespannt und ein bisschen aufgeregt was uns dort erwartet. Unser erster Halt ist die sogenannte kleine Festung, welche seit 1941 als Gestapo-Gefängnis diente. Die eigentliche Stadt Terezín wurde zum Ghetto für Juden und Jüdinnen vor allem aus dem Protektorat Böhmen und Mähren gemacht. Ein sehr netter, schon älterer Mann aus der Gegend gibt uns eine Führung durch das ganze Gefängnis. Besonders eindrücklich ist schon der Eingang, über ihm die berühmte Inschrift „Arbeit macht frei“. Bei der Führung wird uns allen die grausame Dimension des Lagers klar. Die Inhaftierten mussten unter schrecklichen Bedingungen leben und hart arbeiten. In kleinen Zellen wurden teilweise über 100 Gefangene in einen Raum gesperrt. Die Pritschen reichten nicht für alle, Krankheit, Elend und Hunger machen sich breit. Mehr als 2500 Menschen kamen im Gestapo-Gefängnis ums Leben. Deutlich erdrückend ist unser Gefühl als wir mit der gesamten Gruppe in eine kleine Zelle gehen und unser Guide Tür und Fenster schließt. Schon jetzt mit 18 Personen wird die Luft knapp. Zur Zeit des Gestapo-Gefängnis wurden 70 Leute in die selbe Zelle gesperrt, zahlreiche erstickten dort. Durch einen langen Tunnel der Festung erreichen wir die andere Seite des Gefängnis. Vor einer großen Mauer wurden Erschießungen durchgeführt, kurz vor Befreiung des KZs wurden dort an einem Tag 250 Menschen erschossen. Noch absurder erscheint der gesamte Ort, als wir die großen Häuser und Wohnungen der SS erblicken. Während nur wenige Meter weiter Menschen unter Todesqualen lebten oder sogar starben, badeten andere im Schwimmbecken, welches unter Zwang von 60 Juden gebaut werden musste oder sie feierten abends mit Musik und leckerem Essen.
Zum Abschluss wird uns der Propagandafilm über das Ghetto Theresienstadt gezeigt, welcher von den Nationalsozialisten als Propagandafilm für das Internationale Rote Kreuz gedreht wurde. In ihm spielen die Juden und Jüdinnen Fußball, werden medizinisch versorgt und führen ein angeblich glückliches Leben im Ghetto. Davon entsprach nichts der Realität. Die Darsteller/innen des Films wurden gezwungen an diesem mitzuwirken und beinahe alle von ihnen wurden später, zum großen Teil in Auschwitz, ermordet.
Der nächste Stopp ist für uns das Museum innerhalb der Stadt, also auch im ehemaligen Ghetto. Wir haben nun Zeit uns für uns allein oder in Kleingruppen mit den persönlichen Geschichten und Schicksalen der Juden und Jüdinnen auseinanderzusetzen. Besonders eindrücklich und traurig waren für uns die Fotos, Zeichnungen oder Tagebucheinträge von Kindern, die gezwungen waren unter schrecklichen Bedingungen im Ghetto aufzuwachsen. Zwar gab es eine jüdische Selbstverwaltung, dennoch musste Bildung und Unterhaltung für die Kinder häufig heimlich stattfinden oder sie fand gar nicht statt. Auch diese Kinder wurden fast alle in Vernichtungslager deportiert und dort ermordet. Nach dem Museum brauchen wir eine kleine Pause bevor wir uns mit dem Bus auf den Weg zu unserer letzten Station des Tages machen. Das Krematorium mit seinem jüdischen Friedhof. Im Innenraum des Krematoriums sind die Öfen erhalten, in welchen die Leichen verbrannt wurden. Zum Zeitpunkt der Höchstauslastung arbeiteten 18 Personen in Schichtarbeit Tag und Nacht. Die Ausstellung zeigt die Entwicklung des Krematoriums und es ist außerdem möglich den ehemaligen Obduktionsraum zu betreten. Der riesige Friedhof, in dessen Mitte eine große Chanukka den Opfern des Holocaust gedenkt, hat bei wunderschönem Wetter und in der Sonne eine eigenartige, aber vor allem beeindruckende Wirkung. Mit all diesen Eindrücken machen wir uns etwas erschöpft auf den Weg zurück nach Prag. Wenn man sich umschaut sieht man schnell – der ganze Bus schläft.
Tag 4: Unser letzter vollständiger Tag in Prag beginnt, wie immer um 9:30 Uhr und Eva holt uns ab. Heute fahren wir mit der Metro und der Straßenbahn zur Prager Burg. Angekommen kriegen wir allerdings erstmal einen Tourismus-Schock. Zwar wussten wir, dass Prag eine sehr besuchte Stadt ist, allerdings wird uns das hier nochmal mehr deutlich. Zum Glück haben wir Eva dabei, sodass wir nicht das Gefühl haben im Chaos unterzugehen. Eva erzählt uns, was uns heute erwarten wird. Wir gehen also los durch das Tor der Burg, wo Fabian und Lukas noch ein Erinnerungsselfie mit den Wachen machen, die uns ein wenig an die vor dem Buckingham Palace erinnern. Auf dem Innenhof des Königspalastes warten wir auf Eva, die unsere Tickets abholt und lassen die Kulisse vor dem strahlend blauen Himmel auf uns wirken. Dann geht es schließlich gemeinsam mit Eva los und sie erzählt uns einige Details über die Geschichte des Königspalastes und dessen Bedeutung heute. Nach kurzer Zeit dürfen wir hier auch den Wachenwechsel miterleben, welcher uns mit seiner Synchronität fasziniert. Weiter geht unsere Führung in den Veits Dom, welcher uns mit seiner Größe überrascht. Besonders schön sieht er allerdings innen aus, da die Sonne den Innenraum durch die Buntglasfenster des Doms in ein buntes Licht taucht. Auf dem Rundgang kann Eva uns wieder alle Fragen beantworten und uns zu jedem Gemälde die kleinste Kleinigkeit erzählen. Wir gehen weiter durch das goldene Gäßchen, wo wir durch kleine Souvenirläden mit typischen Seifen, Süßigkeiten und Accessoires aus Prag stöbern. Zuletzt steht noch die St. Georg Basilika an, von der wir einen wunderschönen Ausblick über die gesamte Stadt bekommen. So langsam geben jedoch unsere Kräfte auf. Das frühe Aufstehen und die langen Ausflüge sind für uns alle doch ziemlich anstrengend und an Tag drei halten wir leider nicht mehr so lange durch. Die Führung und Zeit mit Eva neigt sich nun dem Ende zu und wir verabschieden uns mit einem herzlichen Applaus von ihr. Von der Prager Burg gehen wir als Gruppe (allerdings ohne CB und CJ) unter der Führung von Jan zum best-bewerteten Italiener in der Altstadt. Wir haben Glück und bekommen alle 13 noch einen Platz. Nach scheinbar endlos langem Warten auf das lang ersehnte Essen sind wir alle zufrieden. Ob die Portionen so klein oder der Hunger so groß war, darüber gehen die Meinungen auseinander, aber Jan bestellt sich kurzer Hand noch eine Portion Pasta. Nach dem gemeinsamen Mittagessen trennen wir uns in Kleingruppen. Da manche noch Kraft zum Shoppen gefunden haben, aber die Mehrheit doch für eine kleine Pause zurück ins Hotel fährt. Abends treffen wir uns dann aber wieder alle gemeinsam mit CB und CJ (wenn auch wieder mit Zeitstress und etwas Verspätung) zum abschließenden Essen der Studienfahrt im Hard Rock Café nahe der Astronomischen Uhr. Obwohl das Essen eher ernüchternd war, war es sehr schön mit allen nochmal zusammenzukommen. Ohne die Lehrer fahren wir zusammen in das Viertel in dem auch unser Hotel steht und gehen in die am Vorabend erkundigte Sports-Bar. Wir schauen gemeinsam das Fußballspiel Tschechien gegen Albanien auf einer riesigen Leinwand und beenden den Tag abseits des Tourismus und mittendrin im tschechischen Alltag.
Tag 5: Heute treffen wir uns zum ersten Mal erst um 10:30. Alle schlafen so lang es geht. Vor oder nach dem Frühstück wird hektisch das letzte Chaos in den Zimmern beseitigt und in Koffern und Rucksäcken verstaut. Nach einer kurzen Begrüßung und der ersten Info, dass wir auf dem Rückweg über Berlin und Hannover fahren müssen, machen wir uns das letzte Mal auf den Weg in die Stadt. Eine Gruppe müder und etwas verklatschter junger Erwachsener versucht sich bei Starbucks mit Kaffee und Frühstück wieder etwas Leben einzuflößen. Das Wetter ist noch immer traumhaft und in der Sonne wird ein letztes Mal gemeinsam in Prag gespielt und vor allem wie immer sehr laut gelacht. Der Insider „keine Shoooww!“ erreicht seinen Höhepunkt und Lena muss durch Jan schmerzlich erfahren, dass über ihren Witz leider keiner gelacht hat („weißt du so? Hättest du dir auch sparen können so“). Im Billa, dem Supermarkt, werden letzte Einkäufe für die Rückfahrt erledigt. Mit Snacks, Proviant und Getränken geht es zurück ins Hotel. Dort die Info von CB und CJ: wir kommen mindestens zwei Stunden später als geplant in der Heimat an. Naja- wäre auch beunruhigend gewesen hätte auf dieser Fahrt wirklich alles reibungslos geklappt. Nach nur wenigen Sekunden wird das erste Stöhnen und Jammern von Witzen und Lachen wieder übertönt. In der prallen Sonne und mit vollem Gepäck steht der letzte Fußmarsch zum Hauptbahnhof an. Der Zug hat Verspätung, wo er abfährt bleibt bis kurz vor Abfahrt ein Rätsel. Fabian hat die grandiose Idee „36 Grad“ auf seiner Musikbox ertönen zu lassen, nach einer kurzen Ermahnung muss er zu seiner Enttäuschung auf die eigene Stimme zurückgreifen. Der Zug findet uns dennoch, oder wir finden ihn. Nach nur geringem Chaos hat jeder einen Sitzplatz und sogar die müde Lotta hat nach einem kleinen Zwischenheuler („Mir ist das gerade auch einfach alles ein bisschen viel!“) wieder gute Laune. Die ersten schlafen ein und werden von Benjamin begeistert fotografiert. Von nun an läuft fast alles reibungslos. Lottas Begeisterung ist kaum zu bremsen, als sie in Berlin das erste Mal in einem ICE sitzt – da müssen wirklich alle mitlachen. Der müde Punkt ist längst überwunden, nach müde kommt ja bekanntlich blöd. Die Speisekarte des Bordbistros wird genauestens studiert und eine mutige Gruppe macht sich schließlich auf den Weg (sogar auch vegane! – Charlotte und Lotta freuen sich schon wieder) Currywurst zu verspeisen. Dank wunderbarer Organisation unserer Lehrkräfte haben wir auch im nächsten ICE alle einen Sitzplatz. Diese scheinen etwas zu gemütlich zu sein.. Denn als wir gegen 23:00 nach ca. 9 Stunden in Harburg ankommen stehen Fabian und Lucas vor verschlossener Zugtür – im Zug! Nicht nur CB und CJ haben in diesem Moment ihr Leben an sich vorbeiziehen sehen. CB eilt zur Rettung, der ICE fährt zum Glück ohne die beiden weiter und den beiden ist schon sehr bald (fast) verziehen. Denn jetzt fehlt nur noch die letzte Etappe – ein überfüllter Metronom nach Scheeßel. Auch das haben wir um 00:27 schließlich geschafft. Eine tolle Studienfahrt geht nun (etwas zu schnell) zu Ende.
An dieser Stelle möchten wir uns im Namen der gesamten Gruppe bei CB und CJ für die wahnsinnig ereignisreiche, lustige und lehrreiche Fahrt bedanken!
Dêkuji a nashledanou!
Lotta Weißenrieder & Charlotte Wahlers (13)